HEIMWEHR

 
  

Parade der Heimwehr auf der Wiener Ringstraße, um 1930  

 

Heimwehr (Heimatschutz, Heimatwehr, Heimwehren), zusammenfassender Name für die freiwilligen, zunächst überparteilich Selbstschutzverbände, die sich unmittelbar nach dem Ende des 1. Weltkriegs in den Bundesländern als Ortswehren, Bürgergarden, Kameradschafts- und Frontkämpferverbände gebildet hatten (z. B. für den Abwehrkampf in Kärnten). Sie wurden zuerst in Tirol, dann auch in anderen Alpenländern organisatorisch zusammengeschlossen und bes. von obersteirische Großindustriellen unterstützt, die in ihnen ein Gegengewicht zu den Organisationen der Arbeiterschaft sahen. Sie verfügten über ein bedeutendes Waffenpotential (z. T. italienische Waffen), trugen Landesfarben (das steirische Weiß-Grün) und -trachten (Heimwehr-Hut = Feldmütze mit Spielhahnstoß, dem sog. Hahnenschwanz) als Uniformen und veranstalteten öffentliche Aufmärsche. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit dem sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbund , die mehrmals auch Todesopfer forderten.  

Durch die Radikalisierung der innerpolitischen Auseinandersetzung in der   Ersten Republik, bes. nach dem Justizpalastbrand von 1927 (Julierevolte), wurde die H. zur bewaffneten bürgerlich Kampfbewegung gegen die Sozialdemokratisch und gewann, von I. Seipel unterstützt, von da an in der Innenpolitik immer mehr Einfluss. Neben dem Bundesführer R. Steidle spielten dabei E. R. Starhemberg, W. Pfrimer und Major E. Fey die Hauptrollen. Auch ins Ausland, v. a. in das faschistische Italien, reichten ihre Verbindungen. Mit dem Aufmarsch des steirischen Heimatschutzes am 7. 10. 1928 in Wiener Neustadt eroberte sich die H. erstmals auch in einer Hochburg der sozialdemokratische Arbeiterschaft die Straße. Im   Korneuburger Programm von 1930 bekannten sich ihre Führer zu den Grundsätzen des Faschismus (Austrofaschismus), lehnten Demokratie und Parlamentarismus ab, forderten die Macht im Staat und traten für eine ständische Gliederung des Staats ein. Zu den Schwächen der H. gehörten der ständige Rivalitätskampf ihrer Führer und ihre Spaltung in einen monarchistische und einen deutschnationale. Flügel; eine Schwächung erfuhr sie auch, als J. Schober den Deutschen W. Pabst, den eigentlichen Organisator der Heimwehrbewegung, aus Ö. auswies. In der nur kurze Zeit dauernden Regierung C. Vaugoin waren E. R.   Starhemberg Innen- und F. Hueber Justizmin. Für die Nationalratswahl von 1930 stellte die Starhemberg-Gruppe eine eig. Liste (Heimatblock) auf, während sich die Gruppe unter der Führung E.   Feys (bes. in NÖ. und Wien) mit den Christlichsozialen verband. Danach blieb der Gegensatz zw. Starhemberg und Fey ein entscheidendes Element in der inneren Entwicklung der H. Der Heimatblock erhielt 8 Sitze im Nationalrat, aber innere Differenzen lähmten seine Opposition. Nachdem im Sept. 1931 der von W. Pfrimer geführte Staatsstreich (   Pfrimer-Putsch) gescheitert war, schloss sich seine steirische Gruppe den National Sozialismus an. Heimwehr-Ultimaten in verschiedenen Bundesländern und aggressive Reden von Starhemberg und Fey bildeten dann den Auftakt zu den   Februarkämpfen 1934, in denen die H. ebenso wie beim Juliputsch 1934 als Hilfspolizei eingesetzt wurde.  

In den ersten Jahren des Ständestaats hatte die H. mit den Posten des Vizekanzlers, des Innen- und anderer Minister wichtige Machtpositionen inne. Zeitweise war Starhemberg sogar Bundesführer der Vaterländ. Front. Infolge ihrer Rivalitätskämpfe und außenpolititisch Ungeschicklichkeiten verlor die H. allmählich ihre Macht. Mit dem Sturz Starhembergs im Okt. 1936 wurde die H. aufgelöst, ihre Wehrverbände wurden als "Frontmiliz" der   Vaterländischen Front eingegliedert.