Glöckels Schulreform

 

Otto Glöckel, der schon seit 1907 für die Sozialdemokraten im Reichsrat vertreten war, begann nach dem 1. Weltkrieg in der Koalitionsregierung Renner als Unterstaatssekretär für Unterricht seine Reformpläne im Schulwesen umzusetzen. Sein Interesse galt einer Trennung von Kirche und Ausbildung und einer Gesamtschule. Sein erster Erlass (Glöckel Erlass) betraf die Aufhebung der Zwangsteilnahme an religiösen Übungen. Dafür wurde er stark vom kirchlichen Lager angefeindet und sein Werk als "Schulbolschewismus" abgetan.  Nach nur 20 Monatiger Regierungszeit wurden die Christlichsozialen bei vorgezogener Wahl stimmenstärkste Partei und die Sozialdemokraten schieden aus der Regierung aus. 

Nachdem Wien 1922 verfassungsrechtlich den Stand einer Stadt und eines Bundeslandes bekam, wurde Glöckel erster geschäftsführender Präsident des Stadtschulrates. Ab da konzentrierte sich Glöckel bis 1934 darauf, die Schulreformen im damals weiterhin sozialdemokratischen "Roten Wien" umzusetzen. 

Das damalige Schulsystem war folgendermaßen aufgebaut: 

Volksschule 5 Jahre
                                                             

Volksschule

 3 J. 

Bürgerschule 

 3 J.

Gymnasium

 8 J.

Realgymnasium

 8 J.

Realschule 

 7 J.

Mädchengymnasium

 6 J.

 

 

Für Glöckel galt es folgende Punkte umzusetzen: 

    - Veränderung der großen Unterschiede zwischen den Schultypen 

            (der Umstieg war defacto nicht möglich) 

    - Schaffung einer Schule die für alle Konfessionen gleich war

    - Demokratisierung des Schulwesens

 

Für die Umsetzung richtete Glöckel eine Reformabteilungen im Ministerium ein.

 "Die Entscheidungen sollen von Pädagogen getroffen werden." 

 

Unterabteilung Volksschule: 

strebte innere Schulreform also Lehrplanreform nach folgenden bis in die 2. Republik geltenden Prinzipien an: 

                - Bodenständigkeit  (Umgebungsbezogener Unterricht)

                - Arbeitsunterricht  (es soll keine Drillschule sein)

                - Gesamtunterricht (Zusammenschau aller Fächer) 

 

Unterabteilung Sekundärschule: 

strebte äußere Schulreform mit Umstrukturierungen an um die Unterschiede der Mittelschulen auszugleichen weiters wurde an einer Einheitsschule aller 10-14 jährigen gearbeitet. 

Das damalige Modell einer allgemeinen Mittelschule mit 2 begabungsmäßigen Zügen und Lehrplanmäßigen Differenzierungen kam nicht zur Verwirklichung. 

 

Als weiteren wichtigen Punkt sah er die Hochschulmäßige Ausbildung aller Lehrer an. Auch dieser Punkt konnte nicht umgesetzt werden. 

 

 

In seiner Amtszeit als 2. geschäftsführender Präsident des Wiener Stadtschulrates führte er an 6 Schulen Wiens den Schulversuch "allgemeine Mittelschule" durch,  mit Anlehnung des Lernplans an die deutschen Mittelschulen. 

 

Nachdem die Sozialdemokraten nun auch Landesweit wieder bei Wahlen dazugewannen, traten die Christlichsozialen in Verhandlungen mit der SDAP - Sozialdemokratischen Arbeiter Partei. So Kam es 1927 zum Mittelschul/Hauptschulgesetz bei dem Otto Glöckel entscheidend mitwirkte. Die damalige Verhandlungssituation wurde durch mehrere Faktoren beeinflusst: Wie schon erwähnt wurden die Christlichsozialen offener für Gespräche durch immer schlechter werdende Wahlergebnisse. Schulgesetze konnten nur mit 2/3 Mehrheit im Parlament beschlossen werden. Zusätzlich waren die Sozialdemokraten als politisch 2. in bessere Verhandlungsposition. Außerdem ist der Stellenwert der Schulversuche auf Wiener Ebene noch nicht fest gestanden.

 

So war das Ergebnis eine Kompromisslösung:

Neben den 8 klassigen Mittelschulen (Gymnasium, Realgymnasium, Frauenoberschule) wurde eine 4 jährige Hauptschule mit 2 Klassenzügen geschaffen. Die Lehrpläne waren so zu gestalten, dass ein Übertritt zwischen Haupt- und Mittelschule möglich war.

 

 

Nach der Machtübernahme der Austrofaschisten  wurde sein gesamtes Werk zerstört, sofort wurden neue Lehrpläne geschaffen.